Samstag, 30. Oktober 2010

Beitrag von Matze zur 4. Sitzung

bei unserem Gespräch nach der Sitzung habe ich mein Unbehagen geäußert. immer wieder bleibt bisher eher unklar, wie denn Decartes eingeordnet werden kann in SEINE historischen Zusammenhänge. wir machen eher "historiefreie" Gedanken-Geschichte - oder jedenfalls erscheint es mir so.

Ich fand den aufsatz zu Decartes erhellend.
Er zeigt den Philosophen als einen relativ unabhängigen Einzel-Menschen-Mann. Er hat eine materielle Basis als sicher, von der erlebt. er ist also relativ frei von "schnödem Gelderwerb". Er hat gar keinen Beruf, ist sozusagen "modern freier Intellektueller".

Seine Grundschulubng ist katholisch - aber eine, die "Vernunft" in die Religion zu integrieren beansprucht; er wurde von Jesuiten geschult.

Er befindet sich historisch in den Religionskriegen. Katholiken/Protestanten. Er selber scheint sich als jesuitischer Kathole zu begreifen, geht aber nach Holland und nicht nach Italien oder Spanien. Also ins "protestantische Ausland"!!!

Wenn für Decartes als einzige Gewissheit er selber als ringend-zweifelnd-denkender Einzelmensch DA IST, dann scheint mir dass zutiefst "evangelisch" UND bürgerlich zu sein.

Er lebt in einer Situation voller nicht nur Glaubens-Zweifel sondern blutiger Kriege um "DIE EINE Wahrheit".

Das religiös-katholische Weldbild ist immer mehr "eroiert" und die konkrete Kirche "korumpiert" (Ablaßhandel, ..., ... ). Das Bild, daß nur wenige oder sogar nur EIN "Begnadeter" (Priester/Pabst) die WAHRHEIT von allem, also die zusammenfassende Welt-BEDEUTUNG von jeder Erscheinung wissen kann durch Gnade und Offenbarung - ist zutiefst kriegerisch erschüttert.

Der ZWEIFEL war immer TEIL des Glaubens. Über den Zweifel kommt Mensch Stufe für Stufe zu immer mehr Glauben - sozusagen. Der Zweifel ist sozusagen das irdische Fegefeuer, daß den WAHREN GLAUBEN läutert oder läutern KANN. Das ist auch die "Funltion" der Inquisition. Sie ist das "Prüf-Instrument" für richtigern Glauben, die Trenn-Instanz zum Irrtum.

Dieser katholische Zweifel ist also - durchaus achtenswerte - Zwischenstufe FÜR ... den WAHREN Glauben.
Wenn Decartes nun aber vorschlägt, den Zweifel als das EINZIGE Fundament durch reine (und wohl immer vorläufige?) Erkenntnis aufzuheben, dann bestimmt er diesen ZWEIFEL als einzig "positiv" und nimmt ihn raus aus der katholisch legitimen Zwischenstellung.
DAS scheint mir der HAMMER zu sein.
Und das NEUE.
Und etwas, wohinter man nur schwer zurück-KANN.
Der alte katholisch behauptete GANZHEITs-Bedeutungs-Kosmos bricht auseinander. Real eben auch - als Religionskriege.


An DIESES Neue knüpfen nun wohl alle nach ihm Kommenden immer neu an - auch daran, wie weit "man" mit Rationalität kommen kann und "was man" dabei zu verfehlen "verführt" wird.

Der Hinweis von .... , was Holland zu dieser Zeit sei, war auch mir wichtig zu erinenrn: Holland beginnt einen Handels-Kolonialismus goßen Stils - anders als Spanien davor. daß "Land" erobert und ausbeutet und gegebenenfalls ganze Bevörkerungen dabei umbringt.
Holland "rechnet" = Handelskapitalismus. Rechnungs-Rationalität.


so etwa MEINE Gedanken zur gestrigen Sitzung.

Gruß vom Matze
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