Sonntag, 21. Oktober 2012

David Gelernter in der FAZ, 19.10.2012

Ich habe einen Artikel in der FAZ entdeckt, von David Gelernter, einem der "Erfinder" des Internets. Keine "hohe Philosophie", sicher auch kein Kommentar zu Heidegger. Aber ein schöne Verbildlichung des Ichs (als Blackbox mit gewissermaßen verspiegelten Fenstern).

http://static.twoday.net/philorix/files/Gelernter.pdf

Im Prinzip geht es schon auch um den Modus des In-der-Welt-Seins.

Ein Zitat:

»Ich glaube an das subjektive Ich. Das subjektive Ich ist gewissermaßen ein Strahl in der
Raumzeit, der bei der Geburt beginnt und mit dem Tod endet, der sich so lange
ausdehnt, wie man ununterbrochen durch die Zeit fällt, bis man am Ende stirbt. Das Ich
befindet sich im Innern dieses Strahls, es existiert nur, weil es diesen Innenraum gibt -
wie der Raum einer hohlen Kugel, der nur existiert, weil die Kugel existiert. Man kommt
nie heraus, und andere kommen nie hinein. Daher die oft beschriebene existentielle
Einsamkeit des Menschen. Die meisten Menschen sprechen nie und können vielleicht
auch nie über das sprechen, was für sie am wichtigsten ist. Diese Dinge, Fakten und
Gedanken verlassen nie das große Schweigen des Ich.«

Viel Spaß beim Lesen,

Denis


--

Um noch deutlicher zu machen, was hier meiner Ansicht nach gemeint ist, nehme man einen späteren Satz hinzu: "Ehre und schütze den fragilen kristallinen
Bewußtseinsstrahl, den die Seele ex nihilo erschafft."

Alle Gedanken und Bilder Gelernters vom Ich sprechen für ein klassisches subjektives Bewußtsein, das "in Gott" sein mag, aber jedenfalls nicht
"von dieser Welt".

Und damit vermutlich nicht für In-der-Welt-Sein im Sinne H's.

Das Wer des Daseins, das als In-der-Welt-Sein existiert (keineswegs in einer "eigenen Kugel=Sphäre") ist zunächst gerade nicht das
Bewußtsein, sondern das "von der Welt benommene" "Man".

Dem gegenüber ist das subjektive Bewußtsein "abkünftig" oder sekundär.

Das "Ganzsein" des Daseins, also das Dasein als "ideales" oder so, wie es - konventionell gesprochen - "sein soll",
ist jedenfalls nicht auf der Seite der Autonomie.

Auch nicht auf Seiten eines Subjekts, das seine einsamen mit niemandem geteilten Worte
am Ende
in Abrahams Schoß retten kann.

Sondern auf der des Nichts oder der Nichtigkeit.
Des puren DASS des Existierens.

Das eben genausogut nicht sein könnte.


Christian

Donnerstag, 18. Oktober 2012

...

also liebe leute vom heideggerkurs, das klappt. mit username und passwort wie in der email angegeben mkommt ihr hier rein und könnt unter CONTRIBUTE beiträg e machen. ihr braucht keinen eigenen anmeldung.

wär aber schön, ihr würdet mit namen unterschreiben

gruß christian h.

Donnerstag, 11. Oktober 2012

kellner sein oder spielen? zu unserer debatte im kurs das sartrezitat

Betrachten wir diesen Kaffeehauskellner. Er hat rasche und sichere Bewegungen, ein wenig allzu bestimmte und ein wenig allzu schnelle, er kommt ein wenig zu rasch auf die Gäste zu, er verbeugt sich mit ein wenig zuviel Beflissenheit, seine Stimme und seine Blicke drücken eine Interessiertheit aus, die ein wenig zu sehr von Besorgnis um die Bestellung des Kunden in Anspruch genommen ist; dort kommt er zurück und versucht durch seine Art, zu gehen, die unbeugsame Härte irgendeines Automaten nachzumachen, während er gleichzeitig sein Tablett mit einer Art Seiltänzerkühnheit trägt, wobei er es in einem fortwährend labilen und fortwährend gestörten Gleichgewicht hält, das er mit einer leichten Bewegung des Armes oder der Hand fortwährend wiederherstellt. Seine ganze Verhaltensweise sieht wie ein Spiel aus. Er läßt es sich angelegen sein, seine Bewegungen aneinanderzureihen, als wären sie Mechanismen, die sich gegenseitig antreiben, auch sein Gesichtsausdruck und seine Stimme wirken mechanisch; er legt sich die erbarmungslose Behendigkeit und Schnelligkeit einer Sache bei. Er spielt, er unterhält sich dabei. Aber wem spielt er etwas vor? Man braucht ihn nicht lange zu beobachten, um sich darüber klar zu werden: er spielt, Kaffeehauskellner zu sein. Darin liegt nichts Überraschendes: das Spiel ist eine Weise des Sichzurechtfindens und des Nachforschens. Das Kind spielt mit seinem Körper, um ihn zu erforschen, um eine Bestandsaufnahme zu machen; der Kaffeehauskellner spielt mit seiner Stellung, um sie real zu setzen .
Jean Paul Sartre, "Das Sein und das Nichts"

Sonntag, 30. September 2012

Kommentare und Links zu unserem Kurs "Sein und "Zeit"

Donnerstag, 4. November 2010

Gestern

Liebe Menschen der Philosophie,
ich möchte nochmal an das Gestrige anknüpfen, besonders an die Aussage von Wolfgang bezogen auf unseren eingeschränkten Intellekt des Menschen, dass wir die Prozesse nicht wahrnehmen wie sie sich in Vorgängen "entblättert " jener sinnlichen Eigenschaften vor unseren Augen abspielen, sondern wir Obergegriffe verwenden, Dinge vereinfachen, in erster Linie, nach dem Bienenwachsbeispiel.
Hierzu würde ich gerne das Beispiel anführen, dass autistischen Menschen der Wissenschaft nach ja eine Wahrnehmungsstörung haben und das gerade diese Menschen ja eher die Prozesse in der Welt wahrnehmen und einzelne Dinge herauspicken, Details, und nicht ausmachen, welche ganzen sinnlichen Eigenschaften einen Gegenstand beschreiben könnten um es zu erfassen. Man spricht von Chaos im Kopf. Somit würde ich sagen, sind ja gewisse Selektionsfunktionen nicht genug oder weitestgehend ausgeprägt, was ihnen das leben erschwert. Wir hingegen, die die Selektionsfunktion im Gehirn für Informationsfilterung voll ausgeprägt haben oder einfach sich unterscheidet, können Dinge, Vorgänge erfassen, zusammenfassen. Da stellt sich dann erstmal die Frage, wie es um den menschlichen Intellekt bestellt ist, wer ist denn nun fähiger Abläufe so sehen oder erfahren zu können wie es Descartes es nach dem Bienenwachsbeispiel verdeutlichen wollte? Da kommt natürlich noch die Reflektionsfähigkeit und das Bewusstsein mit hinzu, was nicht unwichtig ist. Aber das würde jetzt den Rahmen sprengen. Ich wollte lediglich die Unterschiedlichkeit der sinnlichen Erfahrung haben, vertiefen.

Das hat mich gestern beschäftigt und kam leider nicht mehr zum Zuge dies mitzuteilen.


Und was mich auch sehr zum Nachdenken anregte, weswegen ich auch diesen Vergleich oben beschrieben habe, das die Dinge ohne sinnliche Eigenschaften so sind wie sie sind, auch mit Veränderungen die nicht gleich sichtbar sind, aber dass sozusagen wir die Interpreten mit unseren Sinnen sind und es quasi einen Austausch gibt, wir sind Auge, die die Beschreiben, Sehen, Wahrnehmen, wir geben Bezeichnungen, besondere Qualitäten etc.
Ich hoffe ihr könnt nachvollziehen was ich meine!

Ende gedanklicher Exkurs

LG Christin

Sonntag, 31. Oktober 2010

Descartes

Samstag, 30. Oktober 2010

Beitrag von Matze zur 4. Sitzung

bei unserem Gespräch nach der Sitzung habe ich mein Unbehagen geäußert. immer wieder bleibt bisher eher unklar, wie denn Decartes eingeordnet werden kann in SEINE historischen Zusammenhänge. wir machen eher "historiefreie" Gedanken-Geschichte - oder jedenfalls erscheint es mir so.

Ich fand den aufsatz zu Decartes erhellend.
Er zeigt den Philosophen als einen relativ unabhängigen Einzel-Menschen-Mann. Er hat eine materielle Basis als sicher, von der erlebt. er ist also relativ frei von "schnödem Gelderwerb". Er hat gar keinen Beruf, ist sozusagen "modern freier Intellektueller".

Seine Grundschulubng ist katholisch - aber eine, die "Vernunft" in die Religion zu integrieren beansprucht; er wurde von Jesuiten geschult.

Er befindet sich historisch in den Religionskriegen. Katholiken/Protestanten. Er selber scheint sich als jesuitischer Kathole zu begreifen, geht aber nach Holland und nicht nach Italien oder Spanien. Also ins "protestantische Ausland"!!!

Wenn für Decartes als einzige Gewissheit er selber als ringend-zweifelnd-denkender Einzelmensch DA IST, dann scheint mir dass zutiefst "evangelisch" UND bürgerlich zu sein.

Er lebt in einer Situation voller nicht nur Glaubens-Zweifel sondern blutiger Kriege um "DIE EINE Wahrheit".

Das religiös-katholische Weldbild ist immer mehr "eroiert" und die konkrete Kirche "korumpiert" (Ablaßhandel, ..., ... ). Das Bild, daß nur wenige oder sogar nur EIN "Begnadeter" (Priester/Pabst) die WAHRHEIT von allem, also die zusammenfassende Welt-BEDEUTUNG von jeder Erscheinung wissen kann durch Gnade und Offenbarung - ist zutiefst kriegerisch erschüttert.

Der ZWEIFEL war immer TEIL des Glaubens. Über den Zweifel kommt Mensch Stufe für Stufe zu immer mehr Glauben - sozusagen. Der Zweifel ist sozusagen das irdische Fegefeuer, daß den WAHREN GLAUBEN läutert oder läutern KANN. Das ist auch die "Funltion" der Inquisition. Sie ist das "Prüf-Instrument" für richtigern Glauben, die Trenn-Instanz zum Irrtum.

Dieser katholische Zweifel ist also - durchaus achtenswerte - Zwischenstufe FÜR ... den WAHREN Glauben.
Wenn Decartes nun aber vorschlägt, den Zweifel als das EINZIGE Fundament durch reine (und wohl immer vorläufige?) Erkenntnis aufzuheben, dann bestimmt er diesen ZWEIFEL als einzig "positiv" und nimmt ihn raus aus der katholisch legitimen Zwischenstellung.
DAS scheint mir der HAMMER zu sein.
Und das NEUE.
Und etwas, wohinter man nur schwer zurück-KANN.
Der alte katholisch behauptete GANZHEITs-Bedeutungs-Kosmos bricht auseinander. Real eben auch - als Religionskriege.


An DIESES Neue knüpfen nun wohl alle nach ihm Kommenden immer neu an - auch daran, wie weit "man" mit Rationalität kommen kann und "was man" dabei zu verfehlen "verführt" wird.

Der Hinweis von .... , was Holland zu dieser Zeit sei, war auch mir wichtig zu erinenrn: Holland beginnt einen Handels-Kolonialismus goßen Stils - anders als Spanien davor. daß "Land" erobert und ausbeutet und gegebenenfalls ganze Bevörkerungen dabei umbringt.
Holland "rechnet" = Handelskapitalismus. Rechnungs-Rationalität.


so etwa MEINE Gedanken zur gestrigen Sitzung.

Gruß vom Matze

Dienstag, 9. März 2010

noch mal die mathematik

> Date: Tue, 02 Mar 2010 13:55:03 +01
>
> Liebe Kantianer,
>
> im Anhang hat sich Jochen um die Philosophie und unseren
> Kurs verdient gemacht, indem er gezeigt hat, wie man in der
> Mathematik den Satz "7 + 5 = 12" "beweist", d.h. auf einige
> wenige Grundsätze (Peano-Axiome) zurückführt.
>
> Das betrifft ein Thema in den Prolegomena, zu dem wir bald
> kommen werden: nämlich die Frage, ob Mathematik "analytisch"
> oder "synthetisch" ist.
>
> Keineswegs muß jedem Jochens fachchinesische Darstellung schon
> sofort einleuchten. Es lohnt sich aber, sich einmal mit diesem
> Denken und Darstellen zu beschäftigen. Hier ist nun Gelegenheit
> dazu, und ich meine, das Risiko einer Veröffentlichung für
> alle Kursteilnehmer eingehen zu können, da Jochen im Kurs
> alle Fragen klar und bereitwillig
Bereitwillig - gerne.
Klar - so gut ich es kann.
> beantworten wird. Um das zu
> erleichtern, wäre es schön, wenn jeder sich die paar Seiten
> ausdrucken und mitbringen könnte.
>
> Nur eines wird Jochen nicht erklären können: Die 5 Axiome
> (Grundsätze) von Peano selber . Oder sind die etwa in sich
> selber einsichtig?
Mathematiker erklären (heutzutage) keine Axiome (mehr).

Ich glaube, diese Einstellung stammt von Hilbert (um 1900):
man betrachtet eine mathematische Theorie (wie z.B. Arithmetik, Geometrie)
als formales Spiel, dessen Regeln die Axiome sind.

Nach deren "Sinn" oder "Gültigkeit" fragt man dann ebensowenig wie
z.B. beim Schach.

Die Frage, ob die Axiome irgendetwas aus der Wirklichkeit beschreiben,
überläßt ein Mathematiker anderen, nämlich denen, die seine Theorie
anwenden wollen.

Im Fall der Geometrie wird das vielleicht deutlich:
wenn ein Ingenieur Geometrie braucht, um die Grundfläche eines Hauses zu
bestimmen, kann er die euklidische Geometrie der Ebene verwenden.

Wenn er aber die Grundfläche von Afrika bestimmen will, ist letztere
nicht mehr adäquat, da dann die Kugelgestalt der Erde ins Gewicht
fällt.

Beim Haus "gelten" Euklids Axiome (jedenfalls noch mit "ausreichender
Genauigkeit"), bei Afrika nicht mehr.

Wenn der Ingenieur aber auch für Afrika mit Euklids ebener Geometrie
arbeitet - also "das falsche Spiel spielt" - und seine Ergebnisse
nichts mehr mit der Wirklichkeit zu tun haben, ist das dem
Mathematiker egal.

> Schon seit der Altsteinzeit vermutlich hat man "verstanden"
> ("gesehen"), daß 5 + 7 = 12. Vor 100 Jahren erst hat man
> das bewiesen.
>
> Wenn man "verstehen" will, nützt Ableitbarkeit aus Axiomen
> gar nichts, wenn die Axiome selbst nicht evident sind.
Das stimmt.

Aber ich wollte auch gar nicht verstehbar machen, daß oder warum "5 +
7 = 12" gilt.

Ich wollte vor allem argumentieren, daß die Berechnung "5 + 7 =
12" nach heutigem Verständnis rein analytisch ist: sie folgt
als Tautologie aus den Peano-Axiomen ("Definition des Begriffs
der natürlichen Zahlen") und den Definitionen von "5",
"7", "12" und "+".

Ganz so, wie aus der Definition "Gold ist ein gelbes Metall" der Satz
"Gold ist gelb" folgt.

Nur eben ordentlich viel komplizierter; nur das isst der Grund, wieso
Mathematiker überhaupt dafür bezahlt werden, daß sie am laufenden Band
Tautologien ("bewiesene Sätze" sagen sie dazu) produzieren.

> Nichts anderes meint Kant, wenn er davon redet, daß mathe und
> Geometrie "synthetisch" sind. Er sagt nur, daß am Grunde oder
> Anfang der Mathematik etwas stehen muß, daß in sich selbst
> verständlich ist.
Das hatte auch so ungefähr auch mal gedacht, aber ich bin irritiert
worden durch den Satz in §2 der Prolegomena:

Will man mir aber dieses nicht
einräumen, wohlan, so schränke ich meinen Satz auf die reine
Mathematik ein, deren Begriff es schon mit sich bringt,
daß sie nicht empirische, sondern bloß reine Erkenntnis a
priori enthalte.

Der sieht so aus, als hätte auch kant schon "reine" und "angewandte"
Mathematik unterschieden.

Meint "reine Mathematik" bei Kant nicht das gleiche wie später bei
Hilbert (s.o., eben eine Art "Spiel" nach willkürlichen Regeln)?

Was aber dann stattdessen?

>
> Darauf kann man natürlich auch verzichten (tut man heute auch)
> - muß man aber nicht.
>
> Z.B. Paul Lorenzen in der jüngeren Vergangenheit und seine
> Schule verzichten darauf nicht. Sie streben eine "Evidenz" an,
> die sich ergibt, wenn man eine Konstruktionsvorschrift immer
> wieder anwendet (zB. einen Strich I ziehen, dann noch einen
> Strich II, dann noch einen III etc; sehr verkürzt). - (Für
> Jochen speziell: Darüber steht auch bei Hans Hermes etwas.`):
Bei mir steht leider nicht viel:
37, I.6.2: "Junktoren"
56, II.2.2: "Inversion" (= Konstruktion des Ableitungsbaums eins Terms)
196, A: Lehrbuch 1967
197, F: Buch 1955 Nicht-Klass. Logik --> vermutlich meinst Du das

> Verstehen durch Selbermachen. Lorenzen "Man versteht nur,
> was man selber macht"
Läuft das nicht darauf hinaus, daß man die Peano-Axiome letztlich doch
(vielleicht als "unmittelbar evident") voraussetzt?

Dann ist es mir lieber zu sagen, ich setze sie ausdrücklich voraus.

Damit ist "unmittelbare Evidenz" (wenn er es denn so nennt) klar
getrennt von Tautologie.

Das erste ("Warum gelten die Peano-Axiome?") ist eine philosophische,
das zweite ("Wenn sie gelten, warum ist dann 5+7=12?") eine
mathematische Frage.

Die erste wird vermutlich eine synthetische Erkenntnis sein, die
zweite ist m.E. eine analytische, sogar eine tautologische
(das wollte mein Pamphlet demonstrieren).

>
> Gruß
>
> Christian Hermann
>

Ding an sich und optische Täuschung

wenn wir demnächst bei Kant zu §9,10 kommen, wonach wir nicht
die Dinge wahrnehmen, wie sie an sich sind, sondern nur,
wie sie uns erscheinen, ist das vielleicht leicht im Kurs
abzunicken, aber schwer wirklich wahrhaben zu wollen.

Deshalb dachte ich, optische Täuschungen könnten ganz gut
veranschaulichen, wie wir Gegenstände usw. in unserem Kopf
konstruieren, und hab ein paar zusammengestellt.

Natürlich hat jeder schon mal sowas ähnliches gesehen.
Aber vielleicht (wenn es denn überhaupt ein Beispiel ist für
das, was Kant meint) ist es nützlich, sie aktuell vor Augen
bzw. konkret in Erinnerung zu haben. Außerdem begeistern
sie mich immer wieder.


BEWEGUNG:


rotatingwheels


Wenn man sich auf eines der Räder konzentriert, drehen sich
die übrigen um ihren jeweiligen Mittelpunkt. Der Effekt bleibt
bestehen, auch wenn man das Bild ausgedruckt auf Papier sieht.
Auch die Bewegung ist in unserem Kopf konstruiert.


RÄUMLICHE LAGE:

hovering


Im oberen Bild liegen die vier Kugeln auf dem Schachbrett
auf, im unteren schweben sie (bis auf die linke) darüber.
Beide Bilder unterscheiden sich aber gar nicht bzgl. der
Kugeln selbst, sondern nur bzgl. ihrer Schatten. Letztere
beeinflussen unsere subjektive Konstruktion der räumlichen
Lage der Kugeln.







Christian zum Unterschied von optischer Täuschung und Erscheinung:

Beim Phänomen der optischen Täuschung kennt man die Dinge, wie sie „tatsächlich“ sind – „Dinge an sich“ – und die Gesetze, nach denen sie uns „erscheinen“.

Kant denkt aber die „Dinge an sich“ gar nicht als Dinge, auch nicht als Materie/Stoff mit Eigenschaften.

Dinge überhaupt als Dinge sind schon Konstruktionen. Es handelt sich nicht um „Umbildungen“, „Verzerrungen“, „Umdeutungen“.

„Hinter“ den Erscheinungen ist aber auch nicht Nichts.

Kant braucht die Dinge an sich als „Grenzbegriff“ für dasjenige, das uns – trotz all unserem Konstruieren – doch „gegeben“ sein muß.

Oder: Wir machen nicht das DASS der Welt, nur das WIE – nicht das DA-Sein, nur (angeblich) das SO-Sein.

Diesen letzten Rest von Nicht-Autonomie nennt Kant Ding an sich.
--

Oder:

Statt davon zu reden, daß uns etwas „gegeben“ sein muß, damit wir es „gestalten“ und „konstruieren“ können (dafür steht das Ding an sich), kann man vielleicht sagen:

Wir sind fundamental „zeitlich“ (endlich). Wir können nicht die Welt „in einem Nu“ hinstellen. Wir können nicht zwei (geschweige denn noch mehr) Erlebnisse auf einmal haben. Wir können nicht zugleich ein Haus von vorne und von hinten sehen.

Dem entspricht bei Spencer Brown/Luhmann:

1. Um etwas sehen zu können, muß ich eine Unterscheidung MACHEN.
2. Ich sehe also einen Mann oder eine Frau (weil ich so unterscheide).
3. Ich kann auch was anderes sehen – z..B. ein Mikrophon oder ein Glas Bier – oder einen Hermaphroditen - , aber dann muß ich eine ANDERE UNTERSCHEIDUNG treffen.
4. Ich kann aber nie auf beiden Seiten der Mann/Frau-Unterscheidung ZUGLEICH sein.
5. Es ist klar, daß ich das im Sehen eines Mikrophons oder eines Hermaphroditen nicht bin.
6. NACHEINANDER (sukzessive) kann ich wohl auf beiden Seiten sein.

Das nun nennt Kant unseren DISKURSIVEN Verstand – anstatt eines Verstandes, der mit einem Schlag (zeitlos) alles zugleich unterscheidet (also sieht) und sein Unterscheiden auch noch sieht – also auf beiden Seiten ist (INTUITIVER Verstand).

WIR (anders als Gott) können (NUR) sehen, weil wir zugleich auch etwas nicht sehen (einen blinden Fleck haben).

Dieser blinde Fleck, der unsere Sehen ermöglicht, sei das Ding an sich. Gerade kein Ding, sondern das, das das Ding-Sehen erst ermöglicht.

Die UNTERSCHEIDUNG.

Nach Luhmann kann ich die einmal gemachte Unterscheidung schon sehen – aber nur mit einer ANDEREN Unterscheidung.

Ich PROZESSIERE die Unterscheidung. Ich bin ein DISCURSIVER (von Etappe zu Etappe laufender) Verstand.

So zerfällt mir alles in MOMENTE.

Das Ding an sich ist so etwas wir die leere Fläche (der leere Raum), BEVOR ich in ihm eine Unterscheidung – oder eine FORM – treffe.

Spencer Brown: Die Unterscheidung ist die FORM – nicht diese Form und nicht jene, sondern DIE FORM.

Zwischen dieser FORM und dem MEDIUM, in dem ich unterscheide, dem WORIN meiner Unterscheidung, kann ich nicht unterscheiden.

Jetzt genug davon.
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